Wir brauchen einen Schutzschirm für unsere Kommunen

Die Corona-Krise hat massive Konsequenzen für die Haushalte unserer Städte und Gemeinden: Auf der einen Seite brechen bei allen Steuerarten, vor allem der Gewerbesteuer, die Einnahmen weg, während gleichzeitig die Ausgaben für Sozialleistungen oder Gesundheitsschutz steigen. Aktuellen Berechnungen zufolge drohen den Kommunen Steuermindereinnahmen von rund 18 Milliarden Euro und zusätzliche Ausgaben von rund 6 Milliarden Euro.

Diese Entwicklung für das Jahr 2020 wird sich in den Folgejahren in erheblicher Größenordnung wiederholen, da unter an- derem die bundesseitig gewährten Kredite steuermindernd geltend gemacht werden. Es gibt zu- dem keine Handlungsspielräume, die Einnahmeverluste öffentlicher Einrichtungen auszuglei- chen. Viele kommunale Unternehmen stehen vor einer existenziellen Bedrohung. Überdies hat die Lage der Kommunen harte Folgen für die Wirtschaft, weil die Kommunen als größter öffentli- cher Investor deutlich weniger investieren oder sogar gänzlich ausfallen.

Während diese Entwicklung alle Kommunen in Deutschland trifft, sind die ohnehin schon über- schuldeten Kommunen geradezu existentiell bedroht. In dieser Situation müssen die staatlichen Ebenen über die verfassungsrechtliche Abgrenzung hinaus zusammenarbeiten, um die Funkti- onsfähigkeit des demokratischen Gemeinwesens zu sichern. Unsere Kommunen sind systemre- levant. Wir brauchen dringend ein Sofortprogramm für unsere Kommunen, um die Handlungsfä- higkeit der Kommunen zu sichern. Die Städte und Gemeinden in strukturschwachen Regionen wie beispielsweise dem Ruhrgebiet oder dem Bergischen Land, denen die Überschuldung droht oder wo sie bereits eingetreten ist, brauchen zusätzliche Hilfe.

Die Kommunen beweisen in der Corona-Krise erneut ihre Systemrelevanz. Die Verantwortlichen und Beschäftigten verdienen Respekt und Dank – und ganz sicher keine Schuldzuweisungen des Ministerpräsidenten. Wir werden unsere Kommunen mit der finanziellen Bewältigung dieser Krise nicht alleine lassen. Daher fordert die NRW-Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion:

  1. Wir brauchen ein Sofortprogramm, das die Kommunen vor den unmittelbaren finanziellen Folgen der Corona-Krise schützt und hilft, die Investitionen in den Kommunen weiter auf- recht zu erhalten. In erster Linie ist das Aufgabe der Länder, aber auch der Bund steht hier in der Verantwortung, gemeinsam mit den Ländern zu einer zügigen Lösung zu ge- langen. Wir müssen darüber hinaus die Kommunen von den zusätzlich entstehenden So- zialausgaben entlasten und ihre Aufgaben in der Gesundheitsversorgung stärken. Wir müssen den erneuten Aufstieg der Kommunen mit ihrer sozialen, technischen und kultu- rellen Infrastruktur so unterstützen, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt ausgebaut und Stabilität und Widerstandskraft in Krisensituationen wie Pandemien oder Klimakata- strophen gestärkt wird.
  2. Die finanziellen Auswirkungen der Krise treffen alle Kommunen, besonders hart die struk- turschwächsten Kommunen. Deshalb brauchen wir gerade jetzt eine nachhaltige Rege- lung der Altschulden. Besonders NRW ist von dieser Lage betroffen, und zwar nicht nur im Ruhrgebiet und dem Bergischen Land. Deswegen unterstützen wir Bundesfinanzmi- nister Olaf Scholz auf seinem Weg, hochverschuldeten Städten und Gemeinden die Schulden zu erlassen. Die zögerliche Haltung der NRW-Landesregierung muss unmittel- bar beendet werden. Armin Laschet muss endlich seinen Worten im eigenen Land Taten folgen lassen und dem Widerstand in Reihen von CDU und CSU in NRW und im Bund entgegentreten.
  1. Die Unterstützung der Kommunen ist eine Aufgabe von Bund und Ländern. Ungeachtet dieser Gemeinschaftsaufgabe sind die Länder verfassungsrechtlich besonders in der Pflicht. Für NRW heißt das: Die Kommunen brauchen jetzt kurzfristig Mittel aus dem Son- dervermögen des Landes.
  2. Hinzu kommt: Die Kommunen werden über den kommunalen Finanzausgleich des Lan- des an den Steuereinnahmen beteiligt. Sinkt das Steueraufkommen insgesamt, sinkt auch die Summe der Verbundsteuern, an denen die Kommunen über das Gemeindefinanzie- rungsgesetz (GFG) mit 23 Prozent beteiligt werden. Deshalb muss die NRW- Landesregierung endlich den Verbundsatz erhöhen und die Kommunen finanziell so aus- statten, dass sie die ihnen übertragenen Aufgaben nicht nur zu Lasten ihrer eigenen Auf- gaben wahrnehmen können.
  3. Das Land NRW muss zudem die Kosten für das Aussetzen von Betreuungsgebühren übernehmen, um Kommunen und Eltern nicht noch stärker zu belasten. Die sozialen Be- lastungen der Krise treffen nicht alle gleich. Je nach wirtschaftlicher und sozialer Lage können sie sehr viel stärker als Belastung erfahrbar werden. Insgesamt muss das Land seiner Pflicht zur Unterstützung von Familien, Kindern und Jugendlichen vor Ort durch eine verstärkte Förderung Rechnung tragen. Zur Entlastung der Familien fordern wir zu- dem, die Soforthilfe im Zuge des Infektionsschutzgesetz zu entfristen und die Zahlungen analog aktueller und künftiger Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld anzuheben.
  4. Viele kommunale Unternehmen sind in Folge der Corona-Krise in großen finanziellen Schwierigkeiten. In Abstimmung mit dem Bund muss das Land den Kommunen und den kommunalen Unternehmen daher einen neuen und einfachen Weg zur Kreditversorgung und Liquiditätssicherung ermöglichen. Flughäfen, Messen, Veranstaltungszentren und Kultureinrichtungen sind zudem besonders betroffen und haben über einen längeren Zeitraum hohe Einnahmeausfälle. Daher müssen kommunale Unternehmen, die in diesen Wirtschaftssektoren tätig sind, auch die Mittel des Wirtschaftsstabilisierungsfond sowie branchenspezifische Hilfsmaßnahmen des Bundes und der Länder in Anspruch nehmen können.
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