Die Demokratie ist die Geschäftsgrundlage der Integration

Im Fraktionssaal begrüßte der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Bernhard Daldrup die Genossinnen und Genossen aus den Kommunen, darunter etliche Landräte, Bürgermeister und Oberbürgermeister. „Die Kommunen wollen ja gestalten in der Flüchtlingspolitik, aber sie brauchen Unterstützung vom Bund“, sagte Daldrup zu Beginn. Völlig einig sei man sich, dass die SPD eine humane Flüchtlingspolitik, aber eben auch allen Ansprüchen gerecht werden wolle.
In seiner Key Note sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, es gebe im Grunde gleich zwei Krisen zu bewältigen: die Flüchtlingskrise an sich und die dringend notwendige vernünftige Integration derjenigen, die hier bleiben dürfen. Das Integrationskonzept der SPD trage deshalb die Überschriften „sozialen Zusammenhalt sichern“ und „fördern und fordern“. Oppermann: „Die Spielregeln der Demokratie sind die Geschäftsgrundlage der Integration“. Bei den Bemühungen um Integration müsse gelten „klotzen statt kleckern“. Denn: „Wir dürfen die Fehler der 50er-, 60er- und 70er-Jahre nicht wiederholen. Deshalb volle Konzentration auf Integration“, sagte Oppermann und ergänzte: „Was wir heute investieren, zahlt sich morgen aus. Und was wir heute versäumen lässt sich später nicht mehr nachholen“. Die Kommunen dürften mit den Kosten der Integration nicht alleine gelassen werden.
Oppermann skizzierte drei Lösungsansätze: die Fluchtursachen bekämpfen und in Fluchtprävention investieren. Die Europäischen Außengrenzen sichern. Keine Abschottung in Europa, sondern Flüchtlingskontingente.
Alles andere, etwa die nationalen Grenzen zu schließen, werde nicht funktionieren, mahnte Oppermann.

Flüchtlingspolitik ein Katalysator

SPD-Parteichef und Vizekanzler Sigmar Gabriel fragte in den Saal: „Was ist wichtiger – die schwarze Null von Herrn Schäuble oder das Investieren in Integration?“ Insofern sei es scheinheilig, was die CDU mache: nach strengen Integrationsregeln rufen, aber nicht sagen, wie die Integration bezahlt werden soll.
Gabriel erklärte, dass die Flüchtlingspolitik im Grunde „ein Katalysator für ein Rollback der letzten zehn Jahre in der Europäischen Union“ sei. Aus Sehnsucht nach Überschaubarkeit flüchteten sich die europäischen Mitgliedstaaten in Renationalisierung. Den Menschen sei „alles zu schnell, zu viel“, die Globalisierung und ihre Folgen etwa. Das Schlimmste, was nun passieren könne, sei eine Gesellschaft, die sich spalte – in die, die kommen, und die, die hier sind. Und dass sich ein Satz in die Mitte der Gesellschaft fresse: „Für die Flüchtlinge tut ihr alles, für uns nichts“. Abgewandelt lautet der Satz „Ihr rettet Banken und die Griechen und die Flüchtlinge, aber für die Rentner hier ist kein Geld da.“ Die Rechten träten nun als Spaltpilz auf und verstärkten dieses Empfinden. Diese Einschätzung teilten viele der anwesenden Kommunalpolitiker und -politikerinnen. Sie betonten, dass bei Integrationspaketen immer auch Unterstützung für die hier lebenden Menschen geleistet werden müsse.
Gabriel riet dazu, Dinge wie die von der SPD geplante Solidarrente, das Bundesteilhabegesetz (Inklusion von Behinderten) oder die Begrenzung von Leiharbeit dringend voranzutreiben. „Nur Worte werden die Skeptiker nicht überzeugen, wir müssen zeigen, dass sich Arbeit und Bildung lohnen“, sagte Gabriel.

Viele Anregungen aus den Kommunen

Und natürlich müssten die Flüchtlingszahlen drastisch sinken. „Ich sage euch aber, das passiert nur, wenn in Syrien keine Bomben mehr fallen“, so Gabriel. Und mit Blick auf Europa stellte er klar, dass der Schengen-Vertrag die Sicherung von Außengrenzen sogar voraussetze. Darauf hatte auch Thomas Oppermann zuvor hingewiesen. Zudem: Von 28 Ländern in der EU nähmen 23 nicht einen Flüchtling auf, so Gabriel.
Die Kommunalvertreter schilderten aus ihrem Alltag, wo sie auf integrationspolitische Hürden stoßen, etwa bei der Anerkennung ausländischer Ausbildungen, der Einbindung von Flüchtlingen in die Herrichtung von Unterkünften oder bei der Verzahnung von Leistungen der Jugendhilfe, der Grundsicherung und der Sozialhilfe. Viele Teilnehmer forderten außerdem weitere finanzielle Unterstützung des Bundes, zum Beispiel für Investitionen, Kita- und Schulplätze, den öffentlichen Beschäftigungssektor und den Kosten der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Es kamen viele Hinweise und Anregungen, etwa die Bürokratieregeln drei Jahre auszusetzen oder für alle organisatorischen Fragen eine Art Clearing-Stelle beim Bund einzurichten. Es wurde aber auch bemängelt, dass es zu wenige Fördermöglichkeiten für Ehrenamtliche gebe.
Ein Fraktionsvorsitzender aus NRW kritisierte, es gebe kein Gesamtkonzept. Dem widersprach Sigmar Gabriel: Einen Masterplan könne es nicht geben. Es gebe eine Situation, die so ist, wie sie ist. Flüchtlinge kommen und müssten verteilt und integriert werden. Es gebe nur einen Plan B. Und der heißt: nationale Grenzen zu. Das aber sei keine Alternative.
Gabriel bestätigte die Haltung der SPD-Bundestagsfraktion, dass der Bund ausreichend Mittel für Integration auf den Tisch legen müsse: „Die Kommunen organisieren die Integration, Berlin muss Hindernisse aus dem Weg räumen und Geld geben.“
Ein Lob sprach der Präsident des deutschen Städte- und Gemeindebunds, Roland Schäfer, aus: Seit der letzten Kommunalkonferenz habe sich sehr vieles getan, und die Koalition habe viele gute Maßnahmen auf den Weg gebracht. Das müsse auch anerkannt werden.
Quelle: Alexander Linden, http://www.spdfraktion.de/themen/die-demokratie-ist-die-gesch%C3%A4ftsgrundlage-der-integration